Be- und Entladen per Roboter
Jeder kann automatisieren
Es gibt diverse einfache Lösungen zum automatisierten Beladen von Werkzeugmaschinen. Mit ihnen können Lohnfertiger kostengünstig ihre Kapazitäten steigern, sich Wettbewerbsvorteile sichern, dem Fachkräftemangel trotzen und flexibler in puncto Aufträge werden.
7. März 2024
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von Thomas Eder
Kleinen und mittleren Zerspanunternehmen (KMU) und Lohnfertigern fällt es zunehmend schwer, Fachkräfte zu finden. Der Grund: Größere Konkurrenten schnappen ihnen die Kandidaten vor der Nase weg und werben die Auszubildenden nach der Lehre ab. Es bleibt KMU also gar nichts anderes übrig, als die verbliebenen Mitarbeiter für anspruchsvolle Aufgaben einzusetzen und einfache Arbeiten zu automatisieren – beispielsweise durch automatisiertes Be- und Entladen der Werkzeugmaschinen. Werden entsprechende Systeme auch außerhalb der regulären Arbeitszeiten eingesetzt, lassen sich die Maschinenstunden erheblich steigern, und es wird mehr Flexibilität in der Fertigung erzielt.
Automatisieren ohne Schnittstelle
Klassische Lösungen zum automatisierten Be- und Entladen von Werkzeugmaschinen sind allerdings selten mit Bestandsmaschinen kompatibel, weil es keine standardisierte Automatisierungsschnittstelle gibt. Was viele aber nicht wissen: Für automatisiertes Be- und Entladen ist nicht zwingend eine Automatisierungsschnittstelle notwendig. Das gilt zumindest für das Garant-Automation-Beladesystem ‘Basic Plus‘ der Hoffmann Group.
Diese Lösung für Fräs- und Drehmaschinen sowie Bearbeitungszentren passt an jede Maschine. Sie ermöglicht auch das Nachrüsten von Maschinen, die keine Schnittstelle für die Kommunikation mit einer Automatisierungslösung haben und ist auch nach einem Maschinentausch weiter einsatzfähig. Der Clou: Die Werkzeugmaschine wird von einem auf dem Bedienpult installierten Aktuator gestartet – der Aktuator übernimmt die Funktion des Maschinenbedieners. Eine externe Türsteuerung öffnet und schließt die Tür. Damit lassen sich Bestandsmaschinen kostengünstig nachrüsten und brach liegende Kapazitäten erschließen.
Die Erfahrung hat gezeigt: Doppelt so viel Maschinenstunden sind erzielbar, wenn prozesssichere Bearbeitungsstrategien und Werkzeuge ‘Hand in Hand gehen‘. Bei der Hoffmann Group fokussiert man sich deshalb in der Anwendungsberatung nun verstärkt auf die Prozessoptimierung in automatisierten Umgebungen sowie den damit einhergehenden Anforderungen an Werkzeuge, Spanntechnik, Messtechnik sowie Rüst- und Nebenzeiten.
Ganzheitliches Vorgehen verdoppelt die Maschinenstunden
Im Bereich der Automatisierung wird die Prozessberatungskompetenz erweitert und mit externen Partnern zusammengearbeitet. Mit den Partnern Renishaw, Nachi, Schunk und ZeroClamp dürfte die Hoffmann Group somit die erste Anlaufstelle sein für alle KMU, die ihre Fertigung mit überschaubarem Aufwand kostengünstig automatisieren und dabei auch ältere Maschinen einbeziehen wollen.
Um böse Überraschungen und Ausschuss zu vermeiden, ist eine regelmäßige Kontrolle von Werkzeug und Werkstück in automatisierten Umgebungen unabdingbar. Nicht alle Werkzeugmaschinen verfügen über derartige Funktionen, doch das ist kein Problem, denn einfaches Nachrüsten ist möglich.
Werkzeug- und Werkstückkontrolle auf praktikable Weise nachrüsten
Für Werkzeug- und Werkstückkontrolle ohne Eingriff in die Maschinensteuerung gibt es zum Beispiel Smart Devices wie ‘xTouch‘ und ‘xControl‘ von Garant. Diese sind mit verschiedenen Maschinensteuerungen von Siemens und Heidenhain kompatibel, übertragen Daten per Funk und erfordern zur Implementierung lediglich eine USB-Schnittstelle. Alternativ dazu stellt die Renishaw für praktisch sämtliche Maschinensteuerungen, -typen und -bauweisen Lösungen für taktiles und berührungsloses Messen von Werkzeugen und Werkstücken bereit.
Soll eine Werkzeugmaschine auch außerhalb der Geschäftszeiten autonom bestückt werden, ist es sinnvoll, über die Werkzeug- und Werkstückkontrolle hinaus eine dauerhafte Prozessregelung zu implementieren. Diese sorgt dafür, dass während ein Bearbeitungsprogramm abläuft, permanent stichprobenartig Messungen erfolgen, bei Bedarf in der Maschine nachjustiert wird und die gefertigten Bauteile zum Abschluss vermessen werden.
Die Präzisions-Messtechnologie von Renishaw ist in der Lage, den gesamten Produktionsprozess zu überwachen: Im Vorfeld prüft sie die Werkstück- und Werkzeugparameter; während des Prozesses misst sie stichprobenartig und justiert nach; im Nachgang kontrolliert sie das gefertigte Werkstück – selbst komplexe 3D-Teilegeometrien können hochgenau abgetastet werden.
Das passende System finden
Damit eine Automatisierungslösung langfristig erfolgreich eingesetzt werden kann, müssen bei der Auswahl einige Punkte beachtet werden. Neben verschiedenen Maschinenparametern sind Budget, Platzbedarf und zu fertigende Bauteilgrößen weitere Kriterien: Werden überwiegend kleinere Bauteile gefertigt, kommt ein Beladesystem mit Rohteilhandling in Frage – das Garant-Automation-Beladesystem Basic Plus stemmt beispielsweise bis zu 12 kg pro Handling. Das erspart das Werkstückspannen und die Anschaffung zusätzlicher Schraubstöcke; Robotersysteme sind insgesamt flexibler als Palettensysteme, erfordern jedoch mehr Know-how bei der Bedienung.
Mit dem Beladesystem stieg der Umsatz um maximal 40 Prozent
Die Anforderungen sind vielfältig. Demnächst wird die Hoffmann Group deshalb ein weiteres Beladesystem für Maschinen ohne Automatisierungsschnittstelle mit einem maximalen Handlinggewicht von 25 kg präsentieren, dessen Stärken im Schraubstock-Handling an Fräsmaschinen und Bearbeitungszentren liegt.
Der Lohnfertiger MCS Zerspanungstechnik aus dem niederbayerischen Hankofen hat mit der Einführung eines Basic Plus den Einstieg in die Serienproduktion gewagt. Das 2014 gegründete Zweimann-Unternehmen konnte ursprünglich mit den Preisen für Serienproduktionen aufgrund der hohen Fertigungskosten nicht mithalten. Nach Einführung des Beladesystems gingen die Fertigungskosten deutlich nach unten bei gleichzeitig größerer Maschinenauslastung. Die Geschäftsführer gehen von einer Umsatzsteigerung von maximal 40 Prozent aus. Bei den Stückzahlen liegt man inzwischen bei bis zu tausend Teilen pro Auftrag. Der Roboter ist wie ein dritter Mitarbeiter. Nur, dass er nie schläft und kein Wochenende kennt.
Eine gute Ergänzung zu diesem Vorgehen ist eine digitale Fertigungslösung wie Connected Manufacturing, welche per Live-Schnittstelle aktuelle Daten zum Status der Maschine auf dem PC, Smartphone oder Tablet bereitstellt. Diese Lösung bietet eine Echtzeit-Überwachung für Werkzeuge, ihren aktuellen Zustand und ihren Lagerort und ermöglicht es, die Effizienz bei der Arbeitsvorbereitung zu steigern, Fehler zu vermeiden und den Maschinenstillstand zu reduzieren. Die angeschlossenen Bearbeitungszentren erhalten die Werkzeugdaten auf digitalem Wege, was Eingabefehler ausschließt und die Prozesssicherheit erhöht. Die angegliederte Auftragsverwaltung erlaubt es, sicher eingefahrene Prozesse zentral zu dokumentieren, um diese bei wiederkehrenden Aufträgen schnell wieder auf die Maschinen bringen zu können.
Automatisiert und flexibel vernetzt
Kleine und mittlere Zerspanbetriebe haben das Potenzial, größere oder auch sehr spezialisierte Aufträge abzuwickeln, wenn sie konsequent automatisieren und digitalisieren. Gut vernetzt können sie in Zukunft gegebenenfalls gemeinsam auch größere Aufträge übernehmen. Die Hoffmann Group unterstützt diese Transformation als Enabler und Partner in sämtlichen Bereichen, indem sie Beratungsleistungen sowie die kontinuierliche Versorgung mit den notwendigen Produkten und Services sicherstellt, seien es nun Werkzeuge, Betriebseinrichtungen und persönliche Schutzausrüstung oder auch Software, Automatisierungslösungen und Schleifmaschinen für die Endbearbeitung. Damit sind Digitalisierung und Automatisierung auch für kleine Lohnfertiger mit geringem Aufwand und kleinem Budget ganz klar machbar.
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Anwender
Hersteller
Autor
Thomas Eder ist Director Automation bei der Hoffmann Group in München
t.eder@hoffmann-group.com
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