Hartfeinbearbeitung
Schneller: Wälzschleifen von Doppelschrägverzahnungen
Doppelschrägverzahnungen lassen sich unter bestimmten Voraussetzungen künftig auch wälzschleifen, und das schneller und wirtschaftlicher. Liebherr erweitert entsprechend sein Verfahrensspektrum, um bei dieser Verzahnungsart höchsten Anforderungen zu genügen.
6. Mai 2024
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Doppelschrägverzahnungen kombinieren die Vorteile von Gerad- und Schrägverzahnungen: Übertragung großer Kräfte, Laufruhe und reduzierte axiale Lagerkraft. Sie werden dort eingesetzt, wo eine hohe Leistungsdichte der Getriebe gefordert ist. Ihr Anwendungsspektrum reicht von kleinen, leichten und kompakten Teilen in der Luft- und Raumfahrt über leistungsstarke Turbogetriebe bis hin zu riesigen Dimensionen in der Energie- und Fördertechnik.
Wälzschleifen ist eine effiziente Alternative
Infolge steigender Anforderungen hinsichtlich ihrer Effizienz, Laufruhe und Geräuschentwicklung müssen heute immer mehr Doppelschrägverzahnungen hartfeinbearbeitet werden. Für echte Pfeilverzahnungen ohne Spalt zwischen den Verzahnungen kommt fertigungstechnisch nur das 4- oder 5-achsige Hartfräsen in Frage. Für Doppelschrägverzahnungen hat sich in den meisten Fällen das Profilschleifen etabliert.
Nachdem Liebherr bereits die Weichbearbeitung von Doppelschrägverzahnungen durch eine präzise Korrekturmessung beim Wälzstoßen optimiert hat, hebt das Unternehmen jetzt die Hartfeinbearbeitung mithilfe des Wälzschleifens auf ein neues Level: Die Bearbeitungsgeschwindigkeit bei diesem Fertigungsschritt kann gegenüber dem Profilschleifen bis zu zehnmal höher sein. Das Ergebnis erfüllt dabei höchste Qualitätsanforderungen. Allerdings: Der Abstand zwischen den beiden Zahnrädern muss mindestens 23 mm betragen und das Modul darf nicht größer als 5 sein.
Leistungsfähige Schneidstoffe
Möglich wird dies unter anderem durch die Entwicklung robuster Schneidstoffe, die den wirtschaftlichen Einsatz von Schleifschnecken mit einem sehr kleinen Durchmesser ermöglichen. Als Schneidstoffe werden Sinterkorund-Schleifmittel in dreieckiger oder stäbchenförmiger Ausprägung oder CBN (kubisches Bornitrid) in galvanischer oder keramischer Bindung verwendet. Je nach Anwendungsfall und Anforderungen kann Liebherr aus einem breiten Spektrum den optimalen Schneidstoff anbieten.
Für einen möglichst geringen Werkzeugüberlauf werden zwei Schleifschnecken eingesetzt, deren Steigungsrichtung jeweils der zu schleifenden Verzahnung entspricht: Die linksschräge Verzahnung am Doppelrad wird mit einer linkssteigenden Schleifschnecke, die rechtsschräge Verzahnung mit einer rechtssteigenden Schleifschnecke bearbeitet. Die beiden Schleifschnecken sitzen auf einem langen Dorn und werden von einer Software gesteuert, wobei die Bearbeitung der Zahnräder nacheinander erfolgt. Jede der beiden Schnecken kann das Werkstück sowohl schruppen als auch schlichten.
Die Auslegung der Schnecken im CAD-Modell erfolgt mit dem Ziel, ihren Außendurchmesser und ihre Länge zu maximieren. „Bei der Auslegung der Schnecken haben wir uns überlegt, dass letztlich nur eine weitere Verzahnung mit einem anderen Schrägungswinkel hinzukommt – mehr nicht. Entsprechende Versuche sind dann auch erfolgreich verlaufen“, erzählt Dr. Andreas Mehr, Entwicklungsexperte für das Verzahnungsschleifen bei Liebherr, augenzwinkernd.
Höchste Qualität bei der Verzahnungsgeometrie
Beim Wälzschleifvorgang selbst wird zunächst die obere Verzahnung fertig geschliffen. Sie dient als Referenz für die Winkellage der beiden Verzahnungen zueinander. Über einen abgestimmten Einmittvorgang wird dann die untere Verzahnung sehr präzise lageorientiert zur ersten geschliffen. Die Bearbeitung in einer Aufspannung erzielt eine hervorragende Teilung, sprich, der Abstand von beispielsweise einer linken zur nächsten linken Zahnflanke wird nahezu perfekt. Auch die axiale Position der Zahnräder zueinander, der sogenannte Apex-Punkt, wird mit dieser Technologie sehr exakt erreicht.
Neben den schnelleren Bearbeitungszeiten hat das Wälzschleifen gegenüber dem Profilschleifen weitere Vorteile: Das Verfahren ist robuster gegen Aufmaßschwankungen und Wärmebehandlungsverzüge. Neben dem präzisen Apex-Punkt erzielt es eine höhere Genauigkeit auch bei der Winkellage (Index) der beiden Verzahnungen zueinander. Ebenso verbessert es die Oberflächenrauheit und bietet mehr Stabilität beim Schleifen der Zahnfußkontur. Die Einzel- und Summensteigungsqualität ist dank des kontinuierlichen Prozesses hoch. Auch topologische Modifikationen wie gezielte Endrücknahmen oder verschränkungsfreies Schleifen sind wirtschaftlich herstellbar. Zudem ist das Risiko für Schleifbrand geringer.
Anforderungen an Schleifkopf und Software
Für das Wälzschleifen von Doppelschrägverzahnungen braucht es einen leistungsstarken und dynamischen Schleifkopf mit Gegenlager, der die Bearbeitung sowohl mit kleinen als auch langen Schleifschnecken erlaubt. Hierfür eignet sich der neue Schleifkopf ‘GH 240 CB‘ von Liebherr. Er besitzt Haupt- und Gegenlager und erreicht eine maximale Spindeldrehzahl von 12.000, optional sogar 17.000 min-1. Ebenso wichtig ist eine Software mit einfachen und verständlichen Eingabe- und Korrekturmöglichkeiten, die für Doppelschrägverzahnungen ausgelegt ist und es erlaubt, die einzelnen Räder und ihre Winkellage zueinander zu korrigieren. Bei entsprechender Programmierung ermöglicht die Nachschleiffunktion sogar die Herstellung des ersten Teils als Gutteil.
Nachrüstbar auf Bestandsmaschinen
Das Verfahren lässt sich auch auf vorhandenen ‘LGG‘-Schleifmaschinen von Liebherr nachrüsten, sofern sie mit dem Schleifkopf GH 240 CB und einer ‘LHGearTec‘-Steuerung ausgestattet sind. Der Schleifkopf ist aufgrund seiner Bauweise, der Shiftlänge und der Möglichkeit, auch kleine Schleifschnecken aufzuspannen, die unabdingbare Grundlage für das Wälzschleifen von Doppelschrägverzahnungen. Liebherr untersucht jeden Anwendungsfall individuell und unterstützt dabei mit seiner Expertise und Prozesskompetenz, um für jede Anwendung die höchste Qualität zu erzielen. „Wir können für jeden Kunden eine maßgeschneiderte Lösung entwickeln“, erklärt Dr. Mehr.
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